Echtzeit Videoübertragung über THz-Richtfunkstrecke

Als Bandbreitentest hat die ags für den Abschlussworkshop des ThoR-Projektes eine Video-over-IP Übertragungsstrecke bereitgestellt. Die in dem Projekt entwickelte 300 GHz Richtfunkstrecke diente als Demonstrator für die in der Zukunft möglichen kabellosen Backhaul-Links für 5G-Netzwerke.

Anstatt die verfügbare Bandbreite mit vielen einzelnen Clients zu füllen (Anwendungsfall 5G) stellten wir mit einer unkomprimierten HD-SDI Videoübertragung einen Anwendungsfall aus der Rundfunktechnik vor. Dort ist seit einigen Jahren IP-Video heiß im Rennen1). Jedoch birgt dieses Vorhaben einige besondere Herausforderungen:

  1. es sind synchronisierte Echtzeit-Videosignale erwünscht
  2. IP-Netzwerke sind nicht mehr nur point-to-point (es muss also noch mit anderem Traffic gerechnet werden)
  3. mehr als 10Gbit Bandbreite ist eher die Ausnahme

Als „Lösungen“ für diese Unannehmlichkeiten stehen aktuell unter anderem folgende Möglichkeiten bereit:

  1. Standards für unkomprimiertes Video-over-IP, z.B. SMPTE ST 2022-6, bzw. ST 2110-20, jedoch sind diese Geräte mit dedizierter Hardware (FPGAs) sehr teuer und selten
  2. das Legen oder Buchen dedizierter Glasfaser-Verbindungen (auch entsprechend teuer)
  3. Standards und Spezifikationen mit Kompression um mit bestehenden Leitungen arbeiten zu können, z.B. NDI oder JPEG XS (die Geräte sind deutlich günstiger und es wird ein guter Kompromiss zwischen Latenz und Kompression gefunden)

Nun stand uns aber genügend Bandbreite zur Verfügung und wir wollten diese tatsächlich einmal gezielt ausreizen. Hinzu kam, dass möglichst viel mit vorhandener Hardware gearbeitet werden sollte und uns natürlich der „Selbstbaucharakter“ reizte.

Also wählten wir eine Kombination aus vorhandenen Blackmagic-Design DeckLink Karten und ffmpeg um das für uns übliche HD-SDI Signal in Netzwerkpakete zu wandeln:

Die genutzten ffmpeg-Zeilen sind bei GitHub zu finden: https://github.com/ags-tubs/ffmpeg-scripts#ffmpeg-uncompressed-ip-video

Im Laborversuch wurde ein 1080p50, 4:2:2 UYVY 10bit Videosignal über eine 10G Netzwerkkarte und eine Glasfaser geschickt. Die erwarteten2) 2 Gbit/s wurden erreicht:

Eigentlich sollte auch ein 6G-SDI Signal getestet werden, jedoch kam der verwendete PC mit einem Intel® Core i5-4570 Prozessor schon an seine Grenzen und neuere CPUs standen nicht zur Verfügung. Für weitere Tests und die Demonstration auf dem Hochhaus neben der Funkstrecke wurde dann eine DeckLink HD Extreme 3D+ verwendet und lediglich ein 1080i50, 4:2:2 UYVY 10bit Videosignal gesendet, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht die am Ende für uns verfügbare Bandbreite fest stand.

Nun entstehen durch den PC mit Zusatzkarten und einer Softwarelösung inhärente Latenzprobleme, jedoch ging es erst einmal nur um die Bandbreite. Eine hardwarebasierte Lösung basierend auf z.B. ST 2022-6 ist natürlich schneller, aber auch um Größenordnungen teurer! Schlussendlich konnten wir eine Verzögerung um etwa 6 Frames feststellen3):

Weitere Informationen, Fotos und Videos zum Projekt stehen unter anderem auch im Pressebericht zur Verfügung.

1) Fleischmann, J. (2015). IP in der Medienproduktion. http://tech-magazin.de/2015/10/ip-in-der-medienproduktion/
2) „1920×1080 pixel/frame * 50 frame/s * 10 bit/pixel * 2 [4:2:2 subsampling]“
3) Vielen Dank an Adrian Davis für das Testvideo!